Stellen Sie sich vor, es sind Wahlen – und keiner geht hin.

Das ist bereits Wirklichkeit. Sei es bei Regionalwahlen, der Bundestagswahl oder der Wahl des Europaparlaments: Die Wahlbeteiligung in Deutschland nimmt stetig ab. Und die Medien arbeiten sich an der „Politikverdrossenheit“ der Bürger ab. Die Menschen würden sich nicht für die Gesellschaft, in der sie leben, interessieren! Oder noch besser: Ihnen ist einfach alles egal!

Aber ich frage mich, ob das wirklich so ist. Hat der Bürger wirklich kein Interesse an Politik? Ist dem Bürger wirklich gleichgültig, was ihn gesellschaftlich und wirtschaftlich angeht?

Ich glaube nicht. Dazu genügt allein ein kurzer Blick in ein Internetforum oder in die Sozialen Netzwerke. Solche Plattformen quellen geradezu über vor Kommentaren! Jeder hat hier zu jedem Thema etwas zu sagen. Ganz egal, ob es um den Klimawandel, den Bau eines Bahnhofs oder die Bewertung technischer Geräte geht: Es gibt kein Thema, das nicht von Internetnutzern kommentiert wird. Und auf einen Kommentar folgt ein weiterer, der wiederum kommentiert wird. So entsteht eine lebhafte Debatte, an der sich immer mehr beteiligen. Was dort geschieht, ist das, was die Demokratie auszeichnet: die Äusserung und der Abgleich von Interessen.

Warum funktioniert das aber nur im Internet? Warum gehen die Menschen nicht zur Wahl? Ganz einfach: Weil sie im Internet, anders als in der institutionalisierten Politik, eine direkte Reaktion auf ihr Handeln erfahren.

Kein Mensch möchte ein Wahlprogramm wählen, von dem er weiss, dass die Hälfte sowieso nicht eingehalten wird. Bürger möchten direkt an den Entscheidungen beteiligt sein und sich auch äussern dürfen, wenn ihnen etwas nicht passt! Sie möchten zu konkreten Themen ihre Meinung sagen und die Auswirkungen unmittelbar spüren.

Direkte Demokratie leistet genau das. In der Schweiz haben die Bürger die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen und deren Auswirkungen zu spüren. Und genau darin liegt der Hebel!

Damit die Bürgerbeteiligung keine Phrase bleibt, sondern politisches Geschehen wird, braucht es ein anderes Beteiligungssystem als einmal alle paar Jahre zur Wahl gehen. Online-Abstimmungen wären das optimale Mittel. Eine Befragung im Internet ist preiswert, ökologisch und vor allem schnell einsetzbar. Stellen Sie sich vor, Sie würden ein-zweimal im Monat gefragt – in gut verständlichem Deutsch –, wie die Stadt oder das Land bei diesem oder jenen Gemeinschaftsthema verfahren soll. Glauben Sie, die Wahlbeteiligung wäre noch die gleiche wie heute? Ich glaube nicht. Und ich vermute auch, beim Mittagessen gäbe es neue Gesprächsthemen.

Doch dazu braucht es eine Verwaltung, die nicht an den bisherigen Prozessen festhält, sondern frei denkt. Und Politiker, denen es nicht egal ist, dass dem Bürger etwas egal ist.